Sonntag, 3. Juni 2007
Der Plan: "Geri Reig" I
Liebe Leser:

Seit etwa einer Woche habe ich wieder Erinnerungen an meine Grundschulzeit, die ich seit Jahren (Jahrzehnten) verbuddelt hatte.

Es handelt sich darum, dass ich sämtliche Texte von "Der Plan" sowie zumindest zwei Platten von "Andreas Dorau" gemacht habe, darunter die Platte "70 Minuten Musik unbekannter Herkunft". Jetzt ist zumindest die Herkunft geklärt... Außerdem kann ich mich an das (quasi) making of von "Junger Mann" erinnern, ein recht erfolgreiches Lied zur Zeit der Neuen Deutschen Welle in den 80er Jahren. Ich war damals etwa 9 Jahre alt.

Anfang des Textes von Andreas Dorau: "Junger Mann"
Frau: "Es sagte mir ein junger Mann:"
Andreas Dorau: "Ich liebe Dich so heftig."
Frau: "Junger Mann, was ist an Dir schon dran?"
AD: "Ich bin sehr kräftig!"
Frau: "Junger Mann, darauf kommt´s gar nicht an. Du bist es nicht!"

Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit meiner Großmutter. Ich stand mit meiner Großmutter an ihrer Kommode, auf der das Tonbandgerät meines Vaters stand. Meine Großmutter begann mit der Frauenstimme. Sie sagte, wir sollten mal ein Duett versuchen. Meine Großmutter war früher Pianistin gewesen und hat viel für´s Radio gespielt. Mein Großvater war übrigens Maler und Grafiker.

Jedenfalls ist an dem Text nichts Verschlüsseltes. Er ist einfach so gemeint, wie er da steht. Das einzig Interessante daran ist, dass er von mir als etwa 8jährigem mit meiner Großmutter gemacht und zwar gleich ins reine gesungen wurde.

Vor etwa einer Woche hob sich ein Vorhang, der meine Erinnerungen vernebelt hat. Ich wusste etwa zwanzig Jahre lang nicht mehr, dass ich die Songs von „Der Plan“ gemacht hatte. Doch nun ist alles wieder da. In meiner Familie wurde darüber kein Wort verloren, denn schon als Grundschüler hatte ich der ganzen Familie verboten, darüber in meiner Gegenwart zu sprechen.

Das Verbot gründete sich meiner Erinnerung nach darin, dass ich mich immer missinterpretiert gefühlt habe, wenn es um meine Texte ging. Wenn dann doch mal das eine oder andere Wort fiel, reagierte ich heftig dagegen. Meine Eltern meinten zu mir damals, ich sei wie eine Mimose.

Wie war das, als sich der Vorhang, der meine Erinnerungen vernebelte, langsam hob? Ich habe seit einigen Wochen immer wieder die Platte von „Der Plan: Geri Reig“ gehört. Schon vorher war mir, als könnte dies von mir sein, doch ich sagte mir, dass das nicht sein könne, es müssten falsche Erinnerungen (Paramnesie) sein. Doch die Details meiner Erinnerung haben alle so zusammengepasst, dass ich es nun endlich glauben konnte.

Ich hoffe, die Zahl der Leser dieses Blogs wird ansteigen, wenn der Film, der hier unter dem Thema „Filmplot für einen neuen Hollywoodfilm“ beschrieben wird, in die Kinos kommt.

Na, jedenfalls kann ich ja erst einmal fortfahren mit den Kommentaren zu den Texten von „Der Plan“, anlässlich des jetzt gehobenen Schleiers.

Doch vorher möchte ich eine weitere Umfrage starten:


Ich habe es schon mal erlebt, dass ich mich nach Jahren oder Jahrzehnten an Details aus meinem Leben erinnern konnte, die mein bisheriges Leben in einem ganz anderen Licht erschienen ließen.
ja
nein
weiß nicht

  Ergebnis anzeigen

Erstellt von bander am 2007.06.03, 03:15.





Und nun weiter mit den Deutungen:

Der Plan: „Geri Reig und Normalette Surprise“

„Adrenalin lässt das Blut kochen“:
Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, was der Text zu bedeuten hat. Trotzdem ist es einer meiner Favoriten bei den Plan-Songs. Auszüge: „Steine, aufeinandergemauert, der Mount Everest, von Bergen verdeckt.“, „... in Düsenjägerformation...“, „Die Hände der Chirugen zittern.“

„Geri Reig“
Auch über die Bedeutung dieses Liedes ist mir nichts mehr bekannt. Textauszug: „Reggae, Reggae...“. Interessant ist, dass zehn Jahre später Reagge meine Lieblingsmusikrichtung war (UB40, Black Uhuru).

„Persisches Cowboygolf“
Hat keinen Text. Doch der Titel des Liedes ist aktuell wie nie. Möglicherweise war es eine Anspielung auf die politische Situation.

„Gefährliche Clowns“
„Gefährliche Clowns stehn am Straßenrand. Sie haben ein paar Witze für Kurt-Martin in der Hand. Achtung, Kurt-Martin, die Macht greift ganz sacht hin. Kurt-Martin und der Clown stehn am Straßenrand. Kurt-Martin gibt dem Clown drei Mark siebzig in die Hand. Achtung, Kurt-Martin, die Macht greift ganz sacht hin. Der Clown gibt Kurt-Martin eine Ware in die Hand. Kurt-Martin hat die Wahrheit jetzt in seiner Hand. Achtung Kurt-Martin, die Macht greift ganz sacht hin. Kurt-Martins Hand fällt vom Arm in den Sand. Der Clown hat nun Kurt-Martin ganz in seiner Hand.“
Das Lied beschreibt einfach nur jemanden, der an einer Straßenecke Drogen kauft. Es ist so zu sagen eine Art Drogenprävention.

„Kleine Grabesstille“
Hat keinen Text. Der Titel ist vielleicht eine Weiterführung von „Gefährliche Clowns“.

„Der Weltaufstand“
„Wir brauchen keinen Anlass mehr für den Weltaufstand.“
Möglicherweise eine Umschreibung der politischen Situation zur Zeit des Kalten Krieges.

„Hans und Gabi“
„Hans liebt Gabi sehr. Sie wollen heiraten am besten gleich. Gabi liebt Hans sehr. Sie wollen heiraten und zwar sofort. Gabi kriegt von Hans ein Kind. Es ist ein Mädchen und wird wunderschön. Gabi kriegt noch ein Kind. Es ist ein Junge und wird furchtbar schlau. Hans arbeitet von früh bis spät, Gabi bemuttert die Kinder zu Haus. Abends fällt Hans erschöpft ins Bett. Nun ist die Gabi zum ihm wirklich nett. So ´ner Familie der geht’s wirklich gut. Man tut was man kann, man kann was man tut. So ´ne Familie die macht wirklich Spaß. Doch: Achtung! Vorsicht! Es ändert sich was. Hans liebt Gabi sehr, doch er muss erst mal zur Bundeswehr. Gabi liebt inzwischen Kurt-Martin. Hans hat nun wirklich die schlechteren Karten. Aus Wut über seinen Verlust wird Hans Generalfeldmarschall und als er im nächsten Krieg mit seinen Truppen ins Nachbarland einmarschiert denkt er sich lauter gemeine Vernichtungsaktionen gegen den Feind aus. Ach Gabi, Gabi, warum hast du mich verlassen!“

Dieser Text ist schon etwas komplexer als „Der Weltaufstand“ und trotzdem sozial-politisch. Zunächst geht es um eine Liebe, das Gründen einer Familie, ganz klischeehaft. Der Junge wird schlau und das Mädchen schön (siehe auch Deutung des Liedes „Sie hat mich verlassen“, wo ebenfalls klischeehaft über die Partnerwahl von Männern und Frauen berichtet wird). Auch das Familienleben wird klischeehaft dargestellt. Schön finde ich die Umschreibung der sexulellen Beziehung zwischen Hans und Gabi (Hans ist schon erschöpft und Gabi „ist zu ihm wirklich nett“).

Nun kommt der Staat, der Krieg, die Bundeswehr und das gemeinsame Leben wird zerstört. Diese Zerstörung wird zum Selbstläufer, weil Hans dadurch offensichtlich Kriegsverbrechen begeht oder zumindest den Feind mit großer Gewalt zu vernichten versucht. Dies kann aus meiner Sicht auch als Anlehnung an die Verbrechen des Nationalsozialismus gedeutet werden. Zum Schluss verzweifelt Hans und denkt noch einmal an den Ursprung des Unglücks – vielleicht als eine Art Vergangenheitsbewältigung oder schlicht als Anklage gegen seine (die?) Frau(en). Möglicherweise wollte ich auf die Sichtweise aufmerksam machen, dass nicht nur die Männer immer die Kriege geführt haben, sondern dass das gesamtgesellschaftliche Verhalten, also auch dass der Frauen, kritische Ausmaße erreichen kann.

„Commerce exterieur mondial sentimental“ (Übersetzung aus dem Französischen : „Sentimentaler weltweiter Außenhandel“)
Wieder ein instrumentales Stück.

„Was ich von mir esse“
„Was ich von mir esse, wenn ich Hunger hab. Was ich von mir trinke, wenn ich Durst hab. Was ich von mir denke, wenn ich Zeit hab. Das wächst im nächsten Augenblick nach. Was ich von mir denke, was ich von mir esse, was ich von mir trinke... Das wächst wieder nach. Das wächst garantiert wieder, wieder nach.“

Auch von diesem Lied weiß ich nicht mehr, wie es gemeint war – oder ob damit überhaupt etwas gemeint war. Künstlerische Freiheit eben.

„San Jose Car Muzak“
Instrumental.

“Erste Begegnung mit dem Tod”
Instrumental.

So, hier mache ich für heute einen Punkt. Ich hoffe, hier und da Aufklärungsarbeit geleistet zu haben.

... comment