Samstag, 10. November 2007
Tocotronic: Wovon der Song "Ich glaube ich habe meine Unschuld verloren" handelt
Auch dieser Song ist eine schillerne Kollage von verschiedenen Erlebnissen und Erinnerungen.


"Ich bin schon ... (früh?) ... aufgewacht,"
Vermutlich lag ich wie immer im Bett und wartete, dass mir etwas einfallen würde.

"mit dem schlechten Gewissen, etwas zu vermissen,"
dann fiel mir etwas ein und ich vergaß es dann wieder.

"ich hab nachgedacht, den Kopf versunken in meinem Kissen."
Dann lag ich noch etwas im Bett auf meinem Kissen.

"Und es wird mir klar, nichts wird so sein wie es war."
Dies spielt auf ein Zitat von Bernward Vesper in seinem Buch "Die Reise" an: ´Nachher wird es nie mehr so sein, wie es vorher war.´

"Oh - alles ist neu, alles ist anders, meine Kleider gefalln mir nicht mehr,"
Und ich hatte damals eine Zeit, in der ich mehr Wert auf meine Kleidung legte - was mir vorher unbekannt war. Ich hatte Gefallen daran gefunden, gut angezogen zu sein.

"ich kenne diesen Geschmack im Mund, doch ich weiß nicht mehr woher."
In meiner Familie sprachen wir manchmal darüber, was für einen Geschmack wir im Mund hatten und woher das kommen mag.

"Und es wird mir klar, und ich glaube sogar, Oh ich glaube ich habe, ich glaube ich habe meine Unschuld verlorn, oh ich glaube ich habe, ich glaube ich habe, meine Unschuld verlorn..."
Das handelt von einer Nacht, die ich mit meiner Freundin verbracht hatte.

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Der Hintergrund der Tocotronic-Songs: Digital ist besser
Als ich die Tocotronic-Songs machte, lebte ich in einer fremden, seltsamen Welt.Denn die Liebe eines Mannes nutzte sich in dieser Welt ab, sie verbrauchte sich, sie war endlich. Ich meinte, meine Liebe sei schon so beansprucht wie bei einem Vierzigjährigen - dabei war ich erst 18. Ich glaubte, ich würde mit 23 erst meine erste Freundin haben und malte mir diese Zahl in großen Lettern an die Wand. Alle Wände meines Zimmers waren bemalt, mit vorwiegend schwarz / rot / weißen Wandfarben, hier und da etwas gelb und etwas blau. Dann malte ich ein großes, weißes Ei an die Wand, damit ich nicht vergessen möge, was es mit dem Eiweiß auf sich habe.

In meiner Vorstellung (und vielleicht auch in Wirklichkeit) hatte ich Wassereinlagerungen in Gesicht und Körper. Dies scheint möglich, da ich zu dieser Zeit untergewichtig war. Nun war ich überzeugt, dass das Essen von Eiweiß dazu führen würde, dass diese Wassereinlagerungen zu Gewebe umgewandelt werden. Daher dann das Große Ei, etwa zwei Meter hoch, an der Wand.

Doch was für eine Welt entfaltet sich, wenn ich mal die alten Tocotronic-Songs im Licht der Neonröhre untersuche, die damals mein Zimmer erhellte. "Ich weiß nicht, wieso ich Euch so hasse, Fahrradfahrer dieser Stadt (***Backgammonspieler*** dieser Stadt)."

Radfahrer waren in meiner Welt damals Männer, deren Liebe schon lange zur Neige gegangen war und die sich nur noch mit Frauen küssen und nicht mehr mit ihnen schlafen. In der WG, in der ich so zwischen 16 und 20 Jahren verkehrte, spielten manchmal ein paar Leute Backgamon um viel Geld miteinander. Mit denen wollte ich nichts zu tun haben - das machte mir Angst.

"Ich bin alleine und ich weiß es, und ich find´es supercool." spielt darauf an, dass ich mit meiner Freundin nicht mehr zusammen war.

"Und ihr demonstriert Verbrüderung" sollte heißen, dass meine Familie nun einen Schritt auf mich zu machen würde, dass ich ruhig aus meiner dunklen Höhle mit den bemalten Wänden wieder heraustreten sollte, um wieder ein normales Leben zu führen.



Meine Freundin und ihr Freund

In diesem Song vermischen sich verschidene Motive, es sind ineinander verwobene Erinnerungssequenzen.

"Meine Freundin und ihr Freund, ham es gut gemeint, als sie meinten, sie würden mir mal schreiben.
Und als sie´s mir gestand, an einem Imbissstand meinte ich noch, ich könnt nicht lange bleiben."
Die erste Zeile bringe ich nicht mehr auf die Reihe und ich weiß nicht mehr, was ich mir bei dieser Zeile damals vor zwanzig Jahren gedacht habe. Die Erinnerung an den Imbissstand bezieht sich auf so eine Pommesbude in der Nähe zu meiner Grundschule, wo ich einmal mit Freunden aus der Grundschule nach dem Kino stand und (vermutlich) Pommes gegessen habe. Keine fünfzig Meter davon entfernt kann ich mich an ein Treffen mit einem Mädchen aus meiner Klasse damals erinnern. In meiner Erinnerung ist mir so, als ob sie "mit mir gehen" wollte.Doch ich war damals nicht sonderlich interessiert. Daher auch die Einschränkung "ich könnt nicht lange bleiben." Dies könnte sich auch darauf beziehen, dass ich am Imbissstand nicht lange bleiben konnte, denn es war kurz vor sechs, und ich wollte noch unbedingt die "Drehscheibe", eine Nachrichtensendung, sehen, da an diesem Abend dort die Musikgruppe "Baccara" aufteten sollte.


"Und im Leben gehts oft her wie in einem Film von Romea. Und um das alles zu begreifen, wird man was man furchtbar haßt, nämlich Cineast, zum Kenner dieser fürchterlichen Streifen."
In meiner Vorstellung zu der Zeit der Entstehung der Tocotronic-Songtexte meinte ich, dass darüber, dass sich die Liebe eines Mannes förmlich aufbrauchen könnte, nie gesprochen würde und das darüber in Texten, Romanen etc. nur verschlüsselt, andeutungsweise geschrieben würde. So auch in Filmen. Nun meinte ich, wenn denn nun meineLiebe schon fast zu Ende sei, würde ich ersatzweise "Cineast" werden, also jemand, der sich ganz genau mit Anspielungen auf die Männliche Liebe in Kinofilmen auskennt. "Hassen" übrigens deshalb, weil es traurig wäre, nur noch über die Liebe in Filmen Bescheid zu wissen, anstatt sie selbst zu erleben.


"Meine Freundin und ihr Freund ham es gut gemeint, als sie meinten, sie käm´ mich mal besuchen."
Hier hatte ich die Vorstellung, dass meine Freundin mit einem Nebenbuhler, mit dem sie zeitweise vermutlich auch mal zusammen war, mich besuchen kämen. Mit dieser Vorstellung verknüpft ist auch eine Erinnerung daran, dass mich der Nebenbuhler auch einmal besucht hatte. Bei diesem Besuch sprach ich allerdings so gut wie kein Wort.

"Und als sie´s mir gestand, an einem Imbissstand, meinte ich noch, wir Könns ja mal versuchen. Und im Leben gehts oft her wie in einem Film von Romea. Und um das alles zu begreifen, wird man was man furchtbar haßt, nämlich Cineast, zum Kenner dieser fürchterlichen Streifen."

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Samstag, 27. Oktober 2007
Der Vater des Freundes
Vor mehreren Wochen habe ich mich mit dem Vater eines verstorbenen Freundes getroffen, weil ich gerne Klarheit darüber haben wollte, was denn damals mit ihm passiert war.

Der Freund ist auch auf dem Titelbild der CD "Einstürzende Neubauten: Fünf auf der nach obenen Richterskala" in Form eines Scherenschnittes abgebildet. Ich habe dem Vater des verstorbenen Freundes dieses Album als Vinylplatte geschenkt. Auf die Frage, ob er seinen Sohn auf der LP erkannt hat, sagte er nur: "Ja, sofort."

Nun kann sich jeder sein eigenes Bild davon machen. Für mich ist es - trotz der Reaktion des Vaters - nun schon fast normal, dass es da diese Ungeklärte Vergangenheit in meinem Leben gibt. Ich hoffe dann oft, dass es sich schon alles irgendwann aufklären wird.

Na, ihr könnt ja noch ein wenig in meinen anderen Nachrichten schmökern. Es geht hier vor allem darum, wie ich es geschafft habe, innerhalb von nur knapp drei Monaten für mehrere Dutzend LP´s und CD´s die Texte und Songs produziert zu haben.

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Donnerstag, 11. Oktober 2007
Ich bin ein zutiefst narzisstischer Mensch
Als ich etwa 16 oder 17 Jahre alt war, las ich das Buch "Narziss und Goldmund" von Hermann Hesse. In dieser Zeit entwickelte ich stark die Selbstwahrnehmung, dass ich "ein Narziss" bin und das ich eine Neurose hätte.

Ich versuche, mich daran zu erinnern, woran ich in dieser Zeit meinen Narzissmus fest machen kann. Eitelkeit spielte auch eine große Rolle (Bezug: "Jahrmarkt der Eitelkeiten" von Element of Crime). Mit Sicherheit spielte damals die Vorstellung eine Rolle, ich müsse viele Frauen in meinem Leben gehabt haben. Eine einzige wäre mir nie genug gewesen. So entwickelte ich die neurotische Angst, der Frau, die ich damals wirklich liebte, der Liebe zu ihr zu verfalen und nie wieder von ihr loszukommen. Die Angst, sie könne ein Kind von mir bekommen, war so groß, dass es nie dazu gekommen ist, dass wir eben zusammengekommen sind. Ein Kind, das ich nicht gewollt hätte. Diese Vorstellung demütigte mich vor mir selber. Wenn wir ein Kind bekommen hätten, so wäre ich auf immer mit ihr verbunden und ich hätte nicht die Bestätigung, die ich mir doch nicht nur von einer, sondern von vielen Frauen wünschte, bekommen.
Gleichzeitig hatte ich große Angst, nie wirklich mit ihr zusammenzukommen und dann für meinen Lebtag gekränkt zu werden, in dieseFall würde ich ein mittelmäßiges oder schlechtes Leben führen und ein gestörtes Verhältnis zu Frauen haben. So sollte es dann auch kommen, denn in dieser Hinsicht bin ich bis heute ein blindes Huhn.

Die Liebe zu ihr war ein Prüfstein für mich. Wenn unsere Liebe wirklichkeit geworden wäre, so hätte ich quasi "die Ausbildung" bestanden - ich hätte gelernt, Frauen zu verführen und mir die Liebe von so vielen Frauen haben können, wie ich nur wollte. Denn in meiner Kindheit hatte ich ein recht gutes Verhältnis zu gleichaltrigen Mädchen, wusste, mit ihnen umzugehen. Würde ich ihre Liebe nicht erlangen, so hätte ich ein lebenslanges Trauma, denn die erste, die Große Liebe wäre gescheitert und ich wäre ein Leben lang abgeklärt gegenüber meinen eigenen Wünschen nach Liebe und Zärtlichkeit.

Selbst nach Jahren ist mir nicht klar geworden, was wirklich da zwischen uns beiden war. Wir lagen mehrmals beide die Nacht über im gleichen (Doppel-) Bett in ihrem Zimmer in ihrer WG. Es kam nur zu ganz wenigen Berührungen. Alles, was ich tat war, dass ich ihr ein oder zwei mal mit der Hand über den Rücken Strich. Sie sagte dazu, ich bräuchte wohl eine Landkarte. Sie sagte, ich solle nicht bei ihr Übernachten, weil sie sonst wieder kein Auge zu bekäme. Sie sagte, sie würde mich nicht von der Bettkante Schuppsen. Sie sagte, wenn wir uns nicht mehr sehen, schafft sie sich einen Hund (der ähnlich treu wäre wie ich) an.

Das alles hat mich nach Jahren zu der Auffassung gebracht, dass da schon "einiges gegangen" wäre, wenn ich nur aktiver hätte sein können.

In diesem Punkt hat nicht sie - sondern ICH MICH unendlich gekränkt. Wo ich das jetzt erfasse, kann ich mich wieder mit mir versöhnen - nicht mit ihr, denn von ihr konnte ich mich ja nie wirklich gekränkt fühlen. Sie blieb als menschliches Idealbild erhalten. Ich wusste bis eben gar nicht, das ich mich selbst so gekränkt habe. Diese Kränkung war sogar so stark damals, dass ich über die Jahre danach all das verdrängt hatte, was "sie sagte" (s.o.). In dieser Zeit war ich der Auffassung: "Ich war unsterblich in sie verliebt, doch sie wollte mich nicht". Ich konnte offensichtlich nicht ertragen, dass ICH es war, der nicht anders konnte, als nicht stark genug wollen konnte. (Dieser Satz ist kein Grammatikfehler.)

Es war für mich eine unglückliche Liebe.

Von dieser tiefsten Kränkung musste ich mich befreien, ich musste nach oben streben, gierte nach Anerkenneng. So fing ich an, die Musik zu machen, von der in meinen anderen Beiträgen überall die Rede ist. Dieses stärkste Gefühl gekränkter Liebe musste durch unendlich viel Anerkennung wettgemacht werden.

Laut Gerhard Dammann, einem schweizer Psychologen ist die Grenze "fließend vom gestörten zum durchaus produktiven und erfolgreichen Narzissten." Bei Narzissten fände man immer wieder "eine visionäre Kraft". (Zitate: Spiegel 38/2007).

Nun wird das Ganze aber sehr doppelbödig. Denn ich bin ein Narziss so oder so: Entweder, mein Narzissmus treibt mich dazu, Erinnerungen ohne Ende zu produzieren, die mich im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen lassen. Oder mein Narzissmus hat mich damals zu dieser unendlichen Tat bewogen.

Nun ergibt sich eine ganz neue Seltsamkeit für mich. Aus irgendeinem Grunde setzte ich damals Manuela (so hieß meine Angebetete) mit meinem Vater gleich - als würde zwischen ihnen irgend eine magische Verbindung bestehen. Die beiden haben sich dabei meines Wissens nach nie im Leben gesehen. Es war so eine Fixe Idee: Vater = Manuela.

Dies hat zwei Aspekte. Der Narzisstische Mensch hat in seinem Leben "einen Mangel an verfügbarer väterlicher Autorität" erlebt. Dies "kann einen unstillbaren Hunger nach Wertschätzung wecken".(Quelle: s.o.) Mein Vater hat die Elterliche Wohnung verlassen, als ich etwa 13 Jahre alt war und seine Autorität war dann fürmich dadurch ´nicht mehr verfügbar´. In der Liebe zu Manuela holte ich mir ihre verstärkte Aufmerksamkeit (hier gleich zu verstehen wie Wertschätzung) durch Verzicht auf Körperlichkeit.

Darin lassen sich auch meine damaligen SM-Fantasien, vor allem die masochistischen (die wahrscheinlich nicht ausgeprägter waren als bei vielen anderen Menschen, über deren Vorhandensein ich damals aber extrem litt), erklären. Ich wollte mir von Manuela die Autorität (hier gleich Qual oder Gewalt) hohlen, die vom Vater nicht kam.

Den Augenscheinlichsten Zusammenhang - den ich noch nicht psychologisch einordnen kann - zwischen Vater und Manuela war der, dass ich bei beiden eine unerfüllte Liebe Produziert habe:

1. Bei Manuela dadurch, dass ich keine Körperlichkeit hergestellt habe und

2. Bei Vater dadurch, dass er meinen Namen beim Veröffentlichen heraushielt und ich vor der Welt unerkannt, ungeschätzt blieb.

Für meinen Narzissmus bedeutet das zweierlei:

1. Ich weiß, dass meine Arbeit von sehr, sehr vielen Fans geschätzt wird - und auch von den Bands. Dies Stillt meinen Hunger nach Wertschätzung. (Ich sollte nie wieder Kunst machen, um wertgeschätzt zu werden - denn das wäre eine Mißachtung der Freude über den Erfolg - vergl. obige Quelle).

2. Kein anderer in meinem Leben (außer die Familie) weiß davon. Von ihnen brauche ich nun keine übersteigerte Wertschätzung mehr, denn ich weiß ja, dass ich diese von den Fans und Bands habe.

Quasi hat der Wunsch, den ich meinem Vater gegenüber bei Androhung meines Selbstmordes äußerte, dass er und die Familie mir gegenüber nie verlautbaren dürften, diese ganze Musik sei von mir komponiert, einen genialen Selbstheilungseffekt gehabt: Ich habe die Anerkennung der Fans und kann der restlichen Welt gegenüber ohne ein gesteigertes Bedürfnis nach Wertschätzung gegenübertreten.

So habe ich mich auf geniale Weise von meinem Narzissmus befreien können. Ich denke: das war keinesfalls genial geplant so, sondern ich habe intuitiv gemerkt, dass meine Familie zu der Musik schweigen müsse, damit es mir besser ginge. Möglicherweise können Selbstmorddrohungen sich also günstig auswirken, wenn mit ihnen ein konkreter Wunsch verbunden ist, was stattdessen in Zukunft sein soll.

Doch derzeit kann ich mich nicht von dem Gedanken verabschieden, wieder Musik zu machen. Denn ich wünsche mir trotz allem unendlich die Anerkennung für die Musik von meinen Freunden. Ich verzichte derzeit bloß notgedrungen darauf, weil die Erfahrung zeigt, dass sie sowieso mir kein Wort glauben. Und ein Weg wäre, dass ich wieder Musik mache. Dann würden sie es ja schließlich sehen. Meine Mutter sagte mir in dem Zusammenhang auch mal: "Deine Freunde kennen Dich eben nicht so." (...als Musikschaffenden).

Doch wieder Musik machen zu wollen bedeutet, dass ich noch mehr Erfolg haben will (nun eigentlich gerade vor den Freunden).

Der pragmatischste Weg ist der, den Tina mir schon vor Monaten vorgeschlagen hat: Von den Freunden Anerkennung durch "normale Sachen" bekommen.

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